Über Monate wurde in kirchlichen Kreisen und auch in den Medien darüber diskutiert, wie es nun nach den anstehenden Rücktritt von Bischof Vitus Huonder weitergeht. Statt Rücktritt gab es nun aber eine Amtszeitverlängerung. Dies nehmen wir zum Anlass, Pfarreibeauftragter Matthias Westermann in dieser Angelegenheit zu Wort kommen zu lassen.
Das Wichtigste rund um die Bischöfe in der Schweiz
Was ist ein Bischof, was macht er und wie viele gibt es davon in der Schweiz?
Unsere katholische Kirche ist in sogenannte Diözesen unterteilt. Jede Diözese ist von einem Bischof geleitet. Allerdings geht es dabei nicht um reine Verwaltungseinheiten. Nach katholischer Lehre setzt sich in den Bischöfen das Leitungsamt fort, welches von Jesus Christus den Aposteln anvertraut wurde. Unter der Autorität des Papstes sollen die Bischöfe das ihnen anvertraute Volk der Gläubigen “lehren, heiligen und leiten”, so sagt es ein Dokument unserer Kirche. Dass dies in unserer Zeit, in der Autoritäten grundsätzlich angezweifelt werden, ein anspruchsvolles Amt ist, versteht sich von selbst. In der Schweiz gibt es sechs Bistümer, nämlich Chur, Basel, St. Gallen, Lugano, Sitten und Genf. Manchmal steht dem Diözesanbischof auch ein Weihbischof als Unterstützung zur Seite
Wer ist für unsere Region verantwortlich?
Der Kanton Zürich gehört zur Diözese Chur, welche seit 2007 von Bischof Vitus Huonder geleitet wird. Bischof Vitus hat seinen Amtssitz in Chur. Schon seit vielen Jahrzehnten residiert in Zürich ein Generalvikar als Stellvertreter des Bischofs. Das hat vor allem historische Gründe, aber auch ganz praktische. Die Zahl der Katholiken im Gebiet des Kantons Zürich ist inzwischen grösser wie im Rest der Diözese. Auch die Zahl der Priester und der hauptamtlichen Mitarbeiter im Kanton Zürich ist im Kanton Zürich grösser wie in den anderen Bistumskantonen. In einer dienstlichen Angelegenheit melde ich mich also immer zuerst im Generalvikariat Zürich.
Die Mitwirkungsrechte bei der Wahl eines Bischofs in der Schweiz sind eine Ausnahme, nicht der Normalfall
Wie wird man Bischof und wie lange bleibt man dies?
Im grössten Teil der Weltkirche ernennt der Papst ganz frei den Bischof. Es muss ein Priester sein, der ein bestimmtes Alter hat und für dieses Amt befähigt ist. Im deutschsprachigen Raum gibt es unterschiedliche Mitwirkungsrechte und Wahlverfahren meistens der Domkapitel. Dieses Priestergremium wählt aus einem Dreiervorschlag des Papstes den ihnen passend erscheinenden Kandidaten. So ist es auch in Chur. Nach der Wahl empfängt der Kandidat dann in einem festlichen Gottesdienst die Bischofsweihe und übernimmt sein Amt.
Bischof ist man eigentlich bis zum 75. Lebensjahr. Dann muss man dem Papst seinen Rücktritt anbieten. Natürlich darf man auch früher gehen, wenn man krank ist, oder sich überfordert fühlt. Mancher Bischof stirbt auch im Amt oder wird vom Papst vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Dann muss aber etwas Gravierendes geschehen sein. Es gibt Bischöfe, die auf Bitten des Papstes noch weit über diese Altersgrenze hinaus ihre Diözesen leiten.
Ist der Papst der „Chef“ der Bischöfe?
Das kann man wohl so sagen. Leitungsvollmacht in unserer Kirche, und das gilt nicht nur für die Bischöfe, kann nur in Einheit mit dem Papst in Rom ausgeübt werden. Er ist Nachfolger des heiligen Petrus und er hat eine besondere Verantwortung für die Gesamtkirche. Die Bischöfe sind sozusagen seine engsten Mitarbeiter.
Was geschieht, nachdem ein Bischof seinen Rücktritt beantragt hat?
Bischof Vitus musste dem Papst zu seinem 75. Geburtstag den Rücktritt anbieten. Zur Überraschung vieler nahm Papst Franziskus das Rücktrittsgesuch nicht an und verlängerte Bischof Vitus Amtszeit bis Ostern 2019. Damit hat in der Diözese Chur wohl niemand ernsthaft gerechnet. Jetzt sind die einen enttäuscht, weil sie auf neuen Bischof hofften, der so ganz anders ist wie Bischof Vitus. Die anderen freuen sich, weil der Papst offensichtlich mit dieser Amtszeitverlängerung einen Vertrauensbeweis für dessen Kurs ausgesprochen hat. Vielleicht waren auch die möglichen Kandidaten für dieses Amt nicht genügend überzeugend, so dass die römischen Behörden sich noch Zeit lassen wollen. Aber das sind alles Spekulationen. Papst Franziskus ist ja immer für Überraschungen gut und nicht so progressiv, wie manche meinen.
Wann bekommen wir einen neuen Bischof?
Ja, da müssen wir wohl jetzt wieder zwei Jahre warten.
Fähige Priester für das Bischofsamt gibt es nicht wie Sand am Meer
Wie sieht die Bischofswahl aus?
Wenn es bei diesem Zeitplan bleibt und Bischof Vitus nicht aus anderen Gründen vorher zurücktritt, wird dann 2019 das Churer Domkapitel zur Wahl eines neuen Bischofs zusammenkommen. Vorher wird der Nuntius, das ist der päpstliche Botschafter in der Schweiz, vertrauliche Befragungen in der Diözese durchführen, wer für dieses Amt geeignet ist. Er wird dem Papst einen Vorschlag für die Dreierliste machen.
Was ist der Bischofsrat, in dem Sie Herr Westermann sind und was machen Sie da?
Im eigentlichen Bischofsrat ist der Bischof, der Weihbischof, alle General- und Bischofsvikare. Daneben gibt es die sogenannten Ratsgremien der Priester, der Priesterrat sowie den Rat der Diakone und der Laientheologen. In diesem Rat und seinem Vorstand sitze ich seit 13 Jahren. Das sind Beratungsgremien des Bischofs. Diese tagen mehrmals im Jahr, oft auch miteinander. Der Bischof ist meistens dabei. Wir besprechen Schwerpunkte der Seelsorge, versuchen neue Projekte auf den Weg zu bringen, beschäftigen uns mit den Herausforderungen und Schwierigkeiten unserer Kirche. Dort wird sehr offen miteinander geredet. Bischof Vitus ist da sehr gefordert, weil seine Positionen auch in diesen beiden Gremien nicht unumstritten sind. Ich selbst habe ihn aber immer als guten Zuhörer und fairen Gesprächspartner erlebt. Er sorgt sich sehr um die Zukunft unserer Kirche und nimmt sein Bischofsamt sehr ernst. Das muss man ihm zugutehalten.
Hatten Sie bereits die Ehre, den Papst kennen zu lernen?
Ja, wie viele Rompilger, mit unseren Ministranten am letzten Sonntag auf dem Petersplatz stehend. Er hat auch aus der Ferne eine sehr präsente Erscheinung und eine unglaublich warmherzige Stimme. Papst Benedikt habe ich übrigens einmal die Hand geschüttelt, das war 1992 mitten auf dem Petersplatz. Da war er allerdings noch Kardinal Joseph Ratzinger und ging frühmorgens zu seiner Arbeit in den Vatikan.
Worauf freuen Sie sich bei einem neuen Bischof?
Ich komme mit Bischof Vitus die nächsten beiden Jahre gut zurecht. Wer Leitung ausübt, wird es nie allen recht machen können. Und dass ein Bischof auch mal ein mahnendes Wort sprechen muss, finde ich absolut richtig. Sicher, unserer Diözese täte es nach so vielen Jahren der Konfrontation und zum Teil persönlich geführten Streitigkeiten gut, einen Bischof zu bekommen, der mit natürlicher Autorität und Gesprächsbereitschaft die Gruppierungen wieder zusammenführen könnte. Das war nicht unbedingt eine Stärke von Bischof Vitus. Aber solche Personen gibt es nicht wie Sand am Meer. Und dazu brauchen sie auch ein loyales Umfeld und das notwendige Vertrauen und den Respekt ihrer Mitarbeiter und der Gläubigen. Das ist nicht anders wie in einer Pfarrei auch, nur im grösseren Umfeld. Wenn jeder sich nur die Kirche konstruieren möchte, die er gerade im Sinn hat, dann steht auch ein guter Pfarrer und guter Bischof auf verlorenem Posten.