Wenn es draussen am Morgen wieder heller wird und die ersten Blumen auf den Wiesen zu sehen sind, steht der Frühling vor der Tür. Zu dieser Jahreszeit gehört auch der wichtigste christliche Feiertag, Ostern. Jeder verbindet mit Ostern seine eigenen persönlichen Erinnerungen und Rituale. Für die einen ist es vielleicht nur das verlängerte Wochenende, für andere die Erinnerungen an die Osterbräuche der Kindheit, aber für viele auch der Besuch der Gottesdienste an den Kar- und Ostertagen. Diakon Matthias Westermann nimmt uns mit in seine Erinnerungen, und erzählt, was für ihn Ostern bedeutet.
Matthias Westermann berichtet:
So sehr ich meine Erinnerungen bemühe, mir fällt kein einziges Osterfest ein, dass ich nicht in der Kirche begangen hätte. Nie war ich zu dieser Zeit verreist, um Ski zu fahren oder in fernen Ländern im Meer zu baden. Als Ministrant, später als Student, dann als Pastoralassistent und Diakon, waren mir das Osterfest und die Kartage zuvor immer zu wichtig, als dass ich sie “gottesdienstlos” begehen wollte. Und das gilt bis heute. Sicher, nicht immer verbrachte ich diese Tage in der Pfarrei. Das eine oder andere Mal war ich auch in den verschiedensten Klöstern oder auf kirchlichen Jugendfestivals. Dann kam ich meistens mit neuen Ideen für die Pfarrei zurück.
Der Gottesdienst der Osternacht ist nicht nur der wichtigste Gottesdienst für einen katholischen Christen, er ist auch voll mit Ritualen, die mich immer wieder ergreifen. Schon dieser ungewöhnliche Beginn, nämlich draussen. Das lodernde Osterfeuer vor der Kirche erhellt die Finsternis der Nacht. An diesem Feuer wird die Osterkerze entzündet und in die dunkle Kirche getragen. Dort warten die Gläubigen. Von einer grossen Kerze – der Osterkerze – nehmen die Ministranten das Licht und entzünden viele kleine Kerzen. Es ist ein einzelnes, einsames Licht in dieser Nacht. Und plötzlich wird es zu vielen Lichtern in den Händen von Menschen. Das eine Licht bleibt nicht einsam. Auch jene nicht, die es tragen und weitergeben.
Licht – es verbindet die Menschen an Ostern miteinander
Ich muss dabei unwillkürlich immer an Taizé denken, an die wöchentliche Osternachtfeier, in der die Gemeinde, tausende junge Menschen aus aller Welt, den auferstandenen Christus begrüssen. Brennende Lichter in den Händen, und hinter jedem Licht ein Gesicht. Ist Ihnen eigentlich schon einmal aufgegangen, wie schön ein Gesicht ist, wenn es von einer Kerze erleuchtet wird? So müssen die ersten Christen ausgesehen haben, Menschen mit einer Erwartung, Menschen der Hoffnung mitten in einer untergehenden Kultur. Das hat man an ihnen bewundert, das vor allem. Diese Christen waren erleuchtet von einem inneren Licht und das hat man ihnen angesehen.
Und noch ein Bild aus meiner Galerie der Erinnerungen gesellt sich dazu. Während draussen vor dem Kirchenportal langsam das Feuer niederbrennt, ist drinnen der Gottesdienst der hundert Kerzen noch lange nicht zu Ende. Jetzt wendet sich die Gemeinde dem Wasser zu. Lebendiges Wasser, unter einen besonderen Segen gestellt, soll den Taufbrunnen füllen als Quellgrund neuen kirchlichen Lebens.
Vom Feuer zum Wasser
Begonnen wird diese Wasserweihe mit einem Ritual, das mich jedes Mal von Neuem fasziniert: Alle, ohne Ausnahme, singen die Allerheiligenlitanei. In feierlicher Form werden die Heiligen, unsere Namenspatrone, angerufen. Aus allen Epochen, aus allen Bereichen der Kirchengeschichte sind es zwar jeweils nur ein paar, und doch sind alle Heiligen damit gemeint. Und jeder Name, ob laut angerufen oder leise miteingeschlossen, steht für ein Licht in der Nacht. Dann wird die Osterkerze im Taufbrunnen eingetaucht. “Dies ist die Nacht” – mehrfach wurde das im “Exsultet”, dem grossen Lob dieser Osterkerze, am Anfang des Gottesdienstes gesungen. “Weit vertreibt sie den Hass”, hiess es da. Was Menschen trennt, wird versenkt in den Fluten des Meeres. “Dies ist die Nacht; sie einigt die Herzen”. Menschen, die jede Hoffnung verloren hatten und abgetaucht waren in die Isolation, werden wieder zusammengeführt durch das Geheimnis dieser Nacht: Das Leben besiegt den Tod.
Geheimnisse sind nur schwer mit Worten zu erklären, man muss sich auf sie beinahe körperlich einlassen. Sicher, auch in unserer Pfarrei gibt es am Vormittag des Ostersonntags einen weiteren feierlichen Gottesdienst. Mit dem Erlebnis der Osternacht ist er jedoch nicht vergleichbar. Ja, die einzelnen Feiern des Letzten Abendmahls, der Karfreitagsliturgie und der Osternacht dauern recht lange, je eineinhalb bis gut zwei Stunden, und finden an ungewohnten Zeiten statt. Aber es lohnt sich für jeden Gläubigen, ob alt oder jung, all dies mitzufeiern. Ein intensiveres Ostererlebnis gibt es fast 2000 Jahre nach der Auferstehung nämlich kaum.
Ich bin kein Ritual-Mensch. Trotzdem hat mich die Ostergeschichte von Mathias Westermann sehr berührt,da sie ganz echt ist und ich weiss, dass er so empfindet, und viele Ritual-Menschen mit ihm. Danke!
Eine sehr schöne Einstimmung auf Ostern! Diakon Mathias Westermann gelingt es, das Geheimnis von Ostern in einprägsamen Bildern für uns in der heutigen Zeit greifbar zu machen.
Herzlichen Dank!
Vielen Dank für die positive Rückmeldung. Wir vom Redaktionsteam freuen uns, wenn die Artikel auf Interesse stossen.
Allen ein frohes Osterfest!