Paris einmal anders Geschrieben am

Exerzitien in der Stadt des Lichts

Thomas Jehle, Pastoralassistent

Pastoralassistent Thomas Jehle verbrachte einige Tage in Paris. Nicht Sightseeing war sein Ziel, vielmehr verbrachte er die Zeit im Kloster bei den monastischen Gemeinschaften von Jerusalem. 

L’Eglise Saint-Gervais-Saint-Protais, Foto: Thomas Jehle

Zugegeben, die «ville lumière» wie Paris gerne genannt wird, zeigt sich über den Jahreswechsel optisch eher in grauerem Gewand, lichtvoll waren meine Exerzitien, die ich dort bei den monastischen Gemeinschaften von Jerusalem verbringen durfte, jedoch alle mal.
Exerzitien, Einkehr oder Auszeit, wie immer man es nennt, es ist geschenkte Zeit; ganz für sich und im Zwiegespräch mit Gott. Bei der in Paris gegründeten Gemeinschaft ist eine solche Auszeit etwas ganz Besonderes. In der Stille im Herzen der pulsierenden Grossstadt durfte ich mitleben und Liturgie mitfeiern.

Die Spiritualität der Wüste in die Herzen der Städte tragen

Die eindrückliche Apsis der „L’Eglise Saint-Gervais-Saint-Protais“ Foto: Thomas Jehle

Einige Küsnachter werden die Gemeinschaft gut kennen. Vor einigen Jahren waren die Brüder der monastischen Gemeinschaft von Jerusalem aus der Kölner Niederlassung in unserer Pfarrei zu Gast. Gegründet wurde die Gemeinschaft von Pierre-Marie Delfieux, dem damaligen Studentenpfarrer der Sorbonne. Er hatte das Ziel die Spiritualität der Einsamkeit der Wüste in die Herzen der Städte zu tragen, als die «Wüsten von heute». Die Gemeinschaft besteht vor Ort immer aus einer Männer – und einer Frauengemeinschaft. Halbtags arbeitend sind sie Teil der «normalen» Stadtgesellschaft, kommen aber zum Gebet immer wieder zusammen. Liturgie gibt wie in allen klösterlichen Gemeinschaften den Rhythmus des Tages vor und umhüllt ihn mit ihrer Schönheit.

Der Tagesrhythmus ist vorgegeben

die Brüder und Schwestern beim Morgengebet, Foto: Thomas Jehle

Frühes Aufstehen ist gefragt: erst zu stillem Gebet, dann zur gesungenen Laudes (dem Morgengebet) in der Kirche von Saint Gervais, direkt hinter dem Hôtel de Ville und nur einen Steinwurf von Notre Dame entfernt. In der Stille ist die winterlich kalte Kirche noch unbeleuchtet und düster. Erst mit dem gemeinsamen Gebet wird das Licht angezündet. Mit der Zeit beginnt es auch hinter den hohen Buntglasfenstern Tag zu werden. Besonders musikalisch sind diese Feiern mit vielstimmigen, komplexen Hymnen, oft meditativ und ostkirchlich inspiriert, die ihren Widerhall noch lange über den Tag verteilt finden. Neben dem Gebet in der Mitte des Tages ist die zweite grosse Feier die Vesper und Messe am Abend, zu dem sich auch gerne viele Pariser versammeln. Solche Inseln hoher Liturgie und Spiritualität werden vermutlich in Zeiten zunehmender Säkularisierung wichtiger werden. Es sind Zentren in denen Christentum wirklich gelebt wird.

Das Mitleben und Mitgetragen sein

Der Gast, der ganz selbstverständlich aufgenommen wird, ist wie ein Teil der Gemeinschaft. Er legt mit Hand an bei täglichen anfallenden Aufgaben. Das gemeinsamen Essen bis zum gemeinsamen Spülen des Geschirrs, es wird alles miteinander gemacht. Dazwischen bleibt einem noch viel Zeit zum Nachdenken, lesen und zur Reflexion. Aber auch mal ein Schlendern durch die eindrückliche Stadt, in deren Herzen man lebt, ist möglich.

Weihnachtskrippe, Foto: Thomas Jehle

Was geblieben ist von diesen Tagen, jetzt ein paar Wochen später, ist das Gefühl herzlicher Aufnahme, vom einfachen Leben in einem guttuenden Rhythmus, in der man sich frei von den sonstigen Anfordernissen in sich hören kann, in der Zwiesprache mit Gott, um gestärkt wieder heimzukehren.

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