Ein Grossanlass lockt in der Adventszeit tausende Menschen an das Zürcher Seebecken. Sie erwarten die Ankunft des Friedenslichtes aus Bethlehem. Es wird an der Geburtsgrotte Jesu entzündet und in viele europäische Städte gebracht, so auch nach Zürich. Das Licht kommt bei Anbruch der Dunkelheit mit einem Schiff aus Rapperswil am Bürkliplatz an. Unsere Religionspädagogin Elisabeth Braun stimmt uns auf die ganz besondere Atmosphäre dieses frühen Abends ein und blickt zurück.
Die Ankunft des Friedenslichts berührt
Ich kann nicht sagen, ob das Abholen der Lichtflamme von Bethlehem für die Unterrichtskinder in der Adventszeit das absolute Highlight ist. Aber ich kann bezeugen, dass das Erlebnis von niemandem, der mit dabei ist, bereut wird.
Die Kinder kommen am Nachmittag des dritten Adventssonntags ins Pfarreizentrum. Wir stimmen uns mit einem Film auf das Ereignis ein. So sehen wir, wie ein Kind aus Österreich die Lichtflamme direkt vom Geburtsort in Bethlehem durch den Priester überreicht bekommt. Letztes Jahr streckte die achtjährige Emma den Kopf erwartungsvoll durch die Türe und fragte, ob sie auch mitkommen dürfe. Eigentlich sind nur die älteren Kinder eingeladen, denn auf dem Heimweg ist es dunkel und das Gedränge der Leute auf dem Weg vom Bürkliplatz bis zum Bahnhof Stadelhofen ist heftig. Die Gefahr ist gross, dass ich den Überblick über meine Gruppe verliere. Aber für mich war sofort klar, dass die kleine Emma nicht um dieses Erlebnis gebracht werden darf.
Das Licht darf auf keinen Fall erlöschen
Ljuban Dedic, unser Sakristan, macht uns jedes Jahr eine grosse windfeste Laterne bereit. Chantal van Vlijmen, die mich letztes Jahr als Aufsichtsperson begleitete, ist verantwortlich für sie. Nachdem wir das Friedenslicht erhalten haben, sind alle auf die Flamme konzentriert. Nicht auszudenken, wenn die Kerze durch unsere Unaufmerksamkeit verlöschen würde und wir sie mit einem Streichholz wieder neu entzünden müssten. Das wäre doch ein Betrug an der Pfarrei und an der Sache selbst.
Diese Gefahr kommt jedes Jahr zur Sprache. Aber es ist natürlich klar, wenn so viele Personen mit je einer Lichtflamme in der Hand vom Bürkliplatz nach Küsnacht fahren, können nicht alle Flammen ausgehen. Eine echte, direkt von der Grotte in Bethlehem, würde immer dabei sein. Am Bahnhof kann man sehen, dass wir nicht die einzigen sind, denen es wichtig ist, dass die Lichtflamme von Bethlehem mit ihrer Friedensbotschaft in alle Welt verbreitet wird. An fast jedem Gleis sieht man Erwachsene, Kinder und Jugendliche mit diesem Licht in verschiedene Richtungen fahren. Es ist schon vorgekommen, dass uns Menschen angesprochen haben: »Können Sie uns erklären, warum so viele Leute mit einem Licht durch unsere Stadt gehen?» wollen sie erstaunt wissen.
Sich öffentlich mit der Kerze zu zeigen, macht die Kinder sehr stolz
Als wir in die Krypta in St. Georg einziehen, macht sich die erste Müdigkeit breit. Die Gesänge des Weihnachtskonzerts in der Pfarrkirche, das gleichzeitig stattfindet, begleiten uns bis in die halbdunkle Kapelle hinein. Wir entzünden feierlich die grosse Kerze. Wir beten für alle Familien auf der ganzen Welt, dass der Krieg ein Ende hat und für den Frieden. Auch die Einsamen vergessen wir nicht. Matthias Westermann, der uns auch schon auf dieser adventlichen «Wallfahrt» begleitet hat, fährt nun in aller Eile zur Pizzeria, um für alle Teilnehmenden die heiss begehrte Pizza abzuholen. Nun tut es gut, dass wir uns aufwärmen und stärken können. Wir geniessen ein fröhliches Miteinander, an dem auch einige Eltern teilnehmen. Und alle freuen sich schon auf das nächste Jahr.
2 Antworten zu “Die Ankunft eines ganz besonderen Lichtes”